Neuregelung des Verkaufs von Gebrauchtwaren und B-Ware zum 1.1.2022

Seit dem 1. Januar 2022 gelten neue Regeln für den Verkauf von Gebrauchtwaren und B-Ware. Verkäufer müssen nun sicherstellen, dass Kunden etwaige Mängel, wie z. B. Kratzer auf einem Möbelstück, vor dem Kauf ausdrücklich zustimmen. In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Sie die Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Ihrem Onlineshop oder auf Verkaufsplattformen rechtssicher umsetzen.

Titelbild | Gebrauchtwaren und B-Ware Verkauf: Korrekte Kennzeichnung | onwalt-Akademie

Umsetzung in Onlineshops und auf Plattformen

Wenn Sie über die Hintergründe der Änderungen noch nicht informiert sind, lesen Sie zuerst die Erläuterungen zu unserem Rechtstexte-Update vom Dezember 2021.

Wichtige Neuerungen im BGB für Gebrauchtwaren und B-Ware

Wie in unserem einführenden Beitrag erläutert, setzt § 476 Absatz 1 BGB in der Fassung ab 1. Januar 2022 für Angebote von Gebrauchtwaren und B-Ware voraus, dass

  1. der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht, und
  2. die Abweichung im Sinne der Nummer 1 im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde.

Verpflichtung zur ausdrücklichen und gesonderten Zustimmung

Kern dieser Vorschrift ist also, dass ein Verbraucher „eigens in Kenntnis gesetzt“ wird und die Abweichung „ausdrücklich“ und „gesondert“ vereinbart wird. Allerdings lässt der Gesetzestext offen, in welcher Form diese Voraussetzungen konkret erfüllt werden sollen. Das Gesetz nennt auch keine Beispiele. Vor diesem Hintergrund können wir hier nur vorläufige Empfehlungen geben, die sich ändern können, sobald zu Einzelfällen erste gerichtliche Entscheidungen vorliegen.

Checkbox-Lösung als mögliche Umsetzung

Eine Umsetzungsmöglichkeit für die „ausdrückliche“ und „gesonderte“ Vereinbarung einer Abweichung ist die Verwendung einer Checkbox, neben der die Abweichung beschrieben wird. Dabei setzt ein Abschluss der Bestellung voraus, dass die Checkbox angeklickt wird (eine bereits vorausgefüllte Checkbox wäre unwirksam).

Das könnte z.B. so gestaltet werden:

  •   Ich bin damit einverstanden, dass die Teekanne eine Abplatzung in der Glasur des Griffs hat.
  •   Ich bestätige, dass das Mobiltelefon ohne Akku geliefert wird.
  •   Ich akzeptiere den Flecken im rückseitigen Bezug des Sessels.

Herausforderungen für Onlineshops und technische Anpassungen

Die neue Vorgabe des BGB bedeutet für alle Verkäufer von Gebraucht- und B-Ware eine große Herausforderung. Denn praktisch alle Shopsysteme müssen zunächst angepasst werden, um die „ausdrückliche“ und „gesonderte“ Zustimmung des Käufers zu den Abweichungen von einer mangelfreien Neuware technisch überhaupt zu ermöglichen.

Umsetzung in den verschiedenen Verkaufskanälen

Im Folgenden stellen wir Lösungen für verschiedene Verkaufskanäle dar. Unsere Übersicht hat den Stand vom 17.12.2021.

Individueller Onlineshop

Wenn Sie einen eigenen Onlineshop haben, bietet sich am ehesten die oben beschriebene „Checkbox-Lösung“ an. Erörtern Sie mit Ihrem Softwareentwickler, wie sich diese Lösung am besten integrieren lässt.

Onlineshop auf Basis von Wordpress/WooCommerce

Wenn Sie einen Onlineshop auf Basis von Wordpress/WooCommerce betreiben, sind Sie darauf angewiesen, dass der Theme- bzw. Plugin-Hersteller Ihnen ein geeignetes Update bereitstellt. Sofern ein solches Update noch nicht angekündigt wurde, empfehlen wir Ihnen, beim Hersteller möglichst bald nachzufragen.

ePages, Jimdo, Shopify und andere gehostete Systeme

Wenn Sie einen Onlineshop auf Basis von ePages, Jimdo, Shopify oder eines ähnlichen gehosteten Systems verwenden, sind Sie darauf angewiesen, dass der Anbieter sein System an das neue Kaufrecht anpasst. Sofern eine Anpassung noch nicht angekündigt wurde, empfehlen wir Ihnen, beim Anbieter möglichst bald nachzufragen.

Etsy

Hier finden Sie eine gesonderte Seite mit Hinweisen zur Umsetzung auf Etsy.

eBay

eBay ist sich der neuen Anforderungen bewusst und hat eine eigene Informationsseite veröffentlicht unter pages.ebay.de/rechtsportal/gewerbliche_vk_32.html.

Dort schlägt eBay vor, dass eine negative Abweichung einer Ware als Produktvariante erfasst wird. Der Käufer kann dann mithilfe eines Dropdown-Auswahlfeldes die negative Abweichung selbständig auswählen.

Unseres Erachtens ist damit aber nicht sichergestellt, dass die gesetzliche Anforderung der „gesonderten“ Vereinbarung erfüllt wird. Eine Checkbox-Lösung in einem separaten Bestellschritt wäre aus unserer Sicht der sicherere Weg. Diesen bietet eBay derzeit aber nicht an.

Amazon, Avocadostore, Etsy, idealo, Kaufland, Kasuwa, Palundu, ProductsWithLove, selekkt und andere elektronische Marktplätze

Wenn Sie einen elektronischen Marktplatz nutzen, sind Sie darauf angewiesen, dass der Marktplatz-Betreiber den Marktplatz an das neue Kaufrecht anpasst. Sofern eine Anpassung noch nicht angekündigt wurde, empfehlen wir Ihnen, beim Anbieter möglichst bald nachzufragen.

Bisher sind uns noch keine konkreten Umsetzungsmöglichkeiten für die hier genannten Marktplätze bekannt.

Angebot und Verkauf ohne Warenkorb-System (über Social-Media-Messenger, Kleinanzeigen.de oder sonstige individuelle Kommunikation)

Online-Verkäufer, die ohne klassisches Warenkorbsystem arbeiten – also etwa bei Verkäufen über die Messenger-Funktionen von Facebook oder Instagram, oder bei Verkäufen über Kleinanzeigen.de oder durch individuelle Kommunikation via E-Mail – brauchen wiederum eine andere Lösung.

Lesen Sie dazu unsere Hinweise zur Umsetzung beim Verkauf ohne Warenkorb-System.

Rechtsfolgen einer fehlerhaften Umsetzung

Soweit der Bestellablauf die ab 1. Januar 2022 geltenden Anforderungen für die Vereinbarung von negativen Abweichungen nicht vollständig umsetzt, wäre eine Bestellung zwar gültig, nicht aber die Vereinbarung der negativen Abweichungen.

In der Folge kann der Verkäufer verpflichtet sein, dem Käufer eine mangelfreie Neuware zu liefern, wenn der Käufer dies verlangt. Damit geht ein erhebliches finanzielles Risiko für den Verkäufer einher.

Außerdem kann eine fehlerhafte Umsetzung der Anforderungen des neuen Kaufrechts zu kostenträchtigen Abmahnungen von Wettbewerbern oder Verbraucherverbänden führen.

Um Risiken zu vermeiden, bieten Sie also nur dann Gebrauchtwaren und B-Ware an, wenn Sie sichergestellt haben, dass Ihr Verkaufskanal die neuen Anforderungen erfüllt.

Wenn Sie Fragen haben...

...dann helfen wir Ihnen wie immer gern weiter! Rufen Sie uns an (030-33021975) oder schreiben Sie uns an mail@onwalt.de.