Abmahnfallen im Online-Handel: Teure Fehler, die Sie vermeiden sollten
Abmahnungen gehen richtig ins Geld. Ob Urheberrechtsverletzungen, fehlerhafte AGB oder ein unbeabsichtigster Wettbewerbsverstoß – oft reicht ein kleiner Fehler aus, um teure Abmahnungen zu riskieren. In diesem Artikel beleuchten wir die größten Abmahnfallen – und erklären, wie man sie vermeidet. Bleiben Sie auf der sicheren Seite und vermeiden Sie unnötige Kosten!
Abmahnfalle 1: Fehlende, veraltete oder unvollständige Rechtstexte
Als Unternehmer (gewerblicher Verkäufer, Selbständiger, Kleinunternehmer) müssen Sie in Ihrem Shop eine Reihe von Pflichtinformationen hinterlegen.
Wichtige Informationspflichten
Dazu gehören im wesentlichen die Informationen über...
- das Verbraucher-Widerrufsrecht (aktuelle Widerrufsbelehrung mit korrektem Muster-Widerrufsformular),
- die Zahlungs- und Lieferbedingungen (wohin Sie liefern, zu welchen Kosten, und welche Zahlungsmethoden Sie akzeptieren),
- die Gewährleistungs- und/oder Garantiebedingungen („Mängelhaftungsrecht“),
- die Speicherung des Vertragstextes (ob und wie Dein Kunde nach Vertragsschluss den Inhalt des Kaufvertrags nachvollziehen kann)
- den Datenschutz (aktuelle Datenschutzerklärung gemäß DSGVO).
Es gibt noch diverse weitere Informationspflichten. Nach unserer Beobachtung sind die obigen Punkte allerdings diejenigen, die derzeit am häufigsten abgemahnt werden, wenn sie nicht korrekt umgesetzt sind.
Veraltete Rechtstexte
Die Informationspflichten werden im Regelfall durch professionell erstellte AGB und die begleitenden Rechtstexte (Widerrufsbelehrung, Widerrufsformular, Datenschutzerklärung und ggf. weitere) erfüllt. Weil sich die Rechtslage immer wieder ändern kann, müssen die Rechtstexte natürlich gepflegt und regelmäßig aktualisiert werden.
Abmahnfalle 2: Rechtstexte für Social Media
Viele übersehen: Auch Facebook-Seiten und Instagram-Accounts benötigen unbedingt ein vollständiges Impressum und eine aktuelle Datenschutzerklärung.
Datenschutzpakete für Social Media
Passende Datenschutzerklärungen bieten wir mit unseren Paketen für Facebook, Instagram, Pinterest, YouTube, LinkedIn und XING an.
AGB und Widerrufsinformationen für Social Media Verkäufe
Wenn Sie darüber hinaus Verkäufe direkt über Facebook oder Instagram abwickeln wollen (über Direktnachrichten/Messenger oder E-Mail), benötigen Sie zusätzlich spezielle AGB und Widerrufsinformationen für diesen Zweck.
Passende Rechtstexte für Verkäufe über Social Media bieten wir mit unseren Paketen für Facebook, Instagram, an.
Abmahnfalle 3: Widersprüchliche Angaben zur Widerrufsfrist
Die Widerrufsbelehrung enthält stets Angaben zu der Zeitspanne, innerhalb derer Verbraucher ihren Widerruf ausüben können. Diese Zeitspanne ist die Widerrufsfrist. Sie beträgt im gesetzlichen Normalfall 14 Tage.
Kulanzregelungen für Verkäufer
Verkäufer können ihren Käufern aus Kulanz aber auch eine längere Widerrufsfrist einräumen. Die Widerrufsbelehrung muss dann die längere Widerrufsfrist nennen. Außerdem muss die vereinbarte längere Frist auch aus den AGB hervorgehen.
Häufige Abmahnungsgründe
Ein häufiger Abmahnungsgrund ist, dass die Widerrufsfrist in der Widerrufsbelehrung von der Frist im restlichen Onlineshop abweicht.
Rückgabeoptionen bei eBay: „30 Tage“ sind nicht „1 Monat“
Insbesondere bei eBay müssen Sie darauf achten, dass Sie die Widerrufsfrist im Bereich „Rückgabeoptionen“ in Ihrem eBay-Verkäuferkonto exakt dem Wortlaut Ihrer Widerrufsbelehrung anpassen.
Wenn Ihre Widerrufsbelehrung eine Frist von einem Monat enthält, so müssen Sie auch bei eBay einen Monat vorgeben — und nicht „30 Tage“. Denn nur fünf Monate im Jahr haben 30 Tage, die übrigen nicht.
Dass Verkäufer übersehen, dass „30 Tage“ nicht das gleiche wie „ein Monat“ ist, ist ein besonders häufiger Abmahngrund. Seien Sie hier also sehr sorgfältig!
Abmahnfalle 4: Versicherter Versand
Viele Verkäufer schreiben, sie würden Ware versichert versenden, dies zumindest ab einem bestimmten Warenwert. Wie auch immer Sie einen solchen Versand bewerben oder beschreiben: Ein solcher Hinweis ist unzulässig und wettbewerbswidrig, wie die Gerichte bereits mehrfach eindeutig geurteilt haben.
Rechtliche Begründung
Die Rechtsprechung begründet dies wie folgt: Beim Verkauf einer Ware von einem Unternehmer an einen Verbraucher trägt immer der Verkäufer das Versandrisiko, also das Risiko des Verlusts oder der Beschädigung der Ware auf dem Postweg; der Käufer hat stets Anspruch auf eine mangelfreie Übersendung. Ob der Versand versichert erfolgt, kann dem Käufer also egal sein; für ihn macht es rechtlich keinen Unterschied. Der einzige, der im Schadensfall aus einer Versicherung einen Vorteil haben kann, ist der Verkäufer. Rechtlich gesehen ist die Angabe „versicherter Versand“ demnach eine irreführende Werbung, und eine solche ist nicht zulässig.
Empfehlung für Verkäufer
Verzichten Sie also auf jegliche Hinweise auf „versicherten Versand“, „unversicherten Versand“, „versichertes Paket“, „nachverfolgbare Sendung“ und vergleichbare Formulierungen in Ihrem Shop.
Abmahnfalle 5: Schwammige Lieferzeitangaben
Viele Verkäufer meinen es gut und schreiben zur Lieferzeit z.B. folgendes:
- „Versand in der Regel schon am Tag des Zahlungseingangs“
- „Ich versende normalerweise innerhalb von 2-3 Tagen (außer in Stoßzeiten)“
- „Versandfertig meist einen Tag nach Bestelleingang“
Alle diese Formulierungen sind unzulässig und können zu einer Abmahnung führen. Warum? Weil ein Käufer nicht klar erkennen kann, ob der Verkäufer im entscheidenden Moment tatsächlich so schnell liefern kann, wie er „in der Regel“ verspricht. Denn was die „Regel“ und was die Ausnahme ist, weiß nur der Verkäufer. Das gleiche gilt für „Stoßzeiten“ und das Wort „meist“.
Verwenden Sie für Lieferzeitangaben also niemals Formulierungen wie „in der Regel“, „regulär“, „normalerweise“, „meistens“ oder „auf Anfrage“.
Abmahnfalle 6: Kosten für den Versand ins Ausland
Ein häufiger Abmahngrund ist es auch, wenn ein Shop unvollständige oder missverständliche Angaben zu den Kosten des Versands ins Ausland enthält. Dies betrifft zum Beispiel folgende Formulierungen, die alle unzulässig sind:
- „Für den Versand ins Ausland sprechen Sie mich gern an.“
- „Versandkosten in die EU bitte per E-Mail anfragen.“
- „Ich versende weltweit – Porto hängt vom Land ab.“
- „Versandkostenfrei nach Deutschland und Österreich. Andere Länder auf Anfrage.“
Abmahnsichere Lieferzeitangaben
Wie es richtig geht? Beachten Sie folgende Punkte:
- Geben Sie immer unmissverständlich an, wohin Sie zu liefern bereit sind. Nennen Sie am besten alle Länder konkret, z.B. „Versand nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz.“ oder beziehen Sie sich auf eindeutig definierte Ländergruppen, z.B. „Versand in alle Länder der Europäischen Union.“
- Nennen Sie stets die konkreten Versandkosten für jedes Land oder jede eindeutige Ländergruppe.
Abmahnfalle 7: Fehlender Link zur „OS-Plattform“
Die Europäische Kommission hat eine Online-Plattform zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Unternehmern und Verbrauchern eingerichtet. Diese Plattform heißt Online-Streitschlichtungs-Plattform oder kurz „OS-Plattform“. Darüber können Verbraucher Beschwerden einreichen, wenn sie mit der Leistung eines Unternehmers nicht zufrieden sind.
Verpflichtung zur Verlinkung
Unternehmer, die online Waren verkaufen oder online Dienstleistungen anbieten, sind verpflichtet, auf die OS-Plattform hinzuweisen und einen direkten Link zur OS-Plattform einzubinden. Rechtsgrundlage ist die Verordnung EU 524/2013 („ODR-Verordnung“).
In der Regel wird der Hinweis auf die Plattform mit dem entsprechenden Link im Impressum untergebracht. Wenn Sie unseren kostenlosen Impressumsgenerator nutzen, wird dieser Link selbstverständlich automatisch integriert.
Spezielle Lösungen für Verkaufsplattformen
Für Verkäufer, die auf elektronischen Marktplätzen (Verkaufsplattformen) verkaufen, gibt es meist spezielle technische Lösungen, mit denen der Link anklickbar integriert werden kann (hier z.B. die Anleitung für eBay).
Prüfen und Abmahnrisiko minimieren
Verkäufer, die diesen Link nicht einbinden, machen sich schnell zur Zielscheibe für Abmahnungen. Bitte prüfen Sie daher, ob Sie den Link im Impressum oder an einer anderen leicht auffindbaren Stelle Ihres Online-Angebots integriert haben, und ob er korrekt funktioniert!
Abmahnfalle 8: Fehlende oder fehlerhafte Textilkennzeichnung
Ein Risiko für Abmahnungen besteht beim Verkauf von Textilien, wenn Ihre Produktbeschreibung keine korrekte Textilkennzeichnung enthält. Rechtsgrundlage ist die EU-Textilkennzeichnungsverordnung. Das sind die wichtigsten Anforderungen:
Wichtige Anforderungen an die Textilkennzeichnung
- Die Textilkennzeichnung muss alle Fasern aufführen, die im Artikel enthalten sind.
- Die enthaltenen Fasern sind in absteigender Reihenfolge ihres Gewichts aufzuführen.
- Es dürfen nur diejenigen Faserbezeichnungen genannt werden, die in Anlage I der EU-Textilkennzeichnungsverordnung aufgeführt sind.
Alle Einzelheiten zur Textilkennzeichnung entnehmen Sie bitte unserem ausführlichen Artikel über die gesetzlichen Kennzeichnungspflichten für Textilien.
Werbung mit einer unklaren „Garantie“
Häufig verwenden Verkäufer den Begriff „Garantie“ in abmahnbarer Weise, z.B. so:
- „2 Jahre Garantie auf das Material“
- „6 Monate Garantie auf alle Nähte“
- „Lebenslange Garantie“
Alle diese Aussagen sind unzulässig, wenn Sie nicht zugleich die Garantiebedingungen nennen, welche detaillierte gesetzliche Vorgaben erfüllen müssen ( § 443 BGB und § 479 BGB). Ein Laie kann diese Vorgaben meist nicht korrekt umsetzen. Wir raten daher dringend davon ab, Garantiezusagen zu machen und das Wort „Garantie“ zu verwenden (beachten Sie aber den folgenden Abschnitt zur Herstellergarantie!).
Unterschied zwischen Garantie und gesetzlicher Gewährleistung
Von einer Garantie unabhängig ist die gesetzliche Gewährleistung (§ 437 BGB), auf die sich Käufer berufen können, auch wenn der Verkäufer hierzu nichts in der Produktbeschreibung sagt.
Wir empfehlen, dass Sie in Ihren Artikelbeschreibungen auf jegliche selbstformulierte Angaben zu Garantie oder Gewährleistung verzichten (beachten Sie aber den folgenden Abschnitt zur Herstellergarantie!)
Abmahnfalle 9: Fehlender Hinweis auf Herstellergarantie
Einige Gerichte haben es beanstandet, wenn ein Händler in der Artikelbeschreibung nicht auf die Garantiebedingungen des Herstellers des gehandelten Artikels hinweist.
Uneinheitliche Rechtsprechung
Insgesamt ist die Rechtsprechung zu diesem Thema aber uneinheitlich. So hat das Oberlandesgericht Celle Ende März 2020 entschieden, dass ein Händler nicht verpflichtet sei, die Garantiebedingungen des Herstellers aufzuführen.
Empfehlungen zur Hinweisformulierung
Um Risiken zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen, vorsichtshalber auf Garantiebedingungen des Herstellers, soweit vorhanden, hinzuweisen, zum Beispiel mit folgender Formulierung in der Artikelbeschreibung:
„Der Hersteller dieses Artikels gewährt eine eigenständige Garantie. Die Bedingungen der Herstellergarantie können Sie hier nachlesen:“ Fügen Sie dann die URL oder einen Link zu den vom Hersteller veröffentlichten Garantiebedingungen an.
In jedem Falle betrifft das Thema nur solche Verkäufer, die komplette Artikel von einem Hersteller beziehen, um sie im eigenen Namen unverändert weiterzuverkaufen, und der Hersteller eine eigenständige Garantie anbietet. Verkäufer von selbst hergestellter Ware (Kleinserien, Do it yourself) sind nicht betroffen.
Abmahnfalle 10: Werbung mit „CE-geprüft“
Für einige Produkte ist ein CE-Kennzeichen vorgeschrieben. Das CE-Kennzeichen muss der Verkäufer anbringen, wenn das Produkt und dessen Herstellung bestimmte gesetzliche Vorgaben erfüllt. Das CE-Kennzeichen ist daher kein Gütesiegel und wird auch nicht von einer externen Stelle verliehen. Daher dürfen Sie folgende und ähnliche Formulierungen nicht verwenden:
- „CE-geprüft“ / „geprüft gemäß CE“
- „CE-zertifiziert“ / „Zertifizierung nach CE“
- „CE-Qualität“ / „CE-Standard“
- „CE-Gütesiegel“
Abmahnfalle 11: Unzulässige AGB-Klauseln
Es gibt Klauseln, die scheinbar überall wie selbstverständlich verwendet werden – und dennoch können sie im Einzelfall unzulässig sein und damit ein Grund für eine Abmahnung. Dazu gehören unter anderem:
- die Angabe eines Gerichtsstandes oder Erfüllungsorts,
- eine Rechtswahlklausel („Es gilt deutsches Recht.“),
- die Pflicht des Kunden, Mängel sofort zu melden,
- die Beschränkung von Gewährleistungsrechten (z.B. „Es handelt sich um Vintage – für Mängel keine Haftung“),
- unzulässige Risikoverteilung („Käufer haftet für Sendungsverlust.“).
Verwenden Sie solche Klauseln nicht ohne anwaltliche Beratung!
Abmahnfalle 12: Verpackungsgesetz nicht beachtet
Das Verpackungsgesetz verpflichtet alle Versandhändler, sich im Verpackungsregister LUCID zu registrieren. Ohne eine solche Registrierung unterliegen Sie einem Vertriebsverbot für physische Waren. Wenn Sie entgegen diesem Vertriebsverbot Waren anbieten oder liefern, begehen Sie nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern können auch von Ihren Wettbewerbern abgemahnt werden.
Nähere Informationen finden Sie in unserem Beitrag zum Verpackungsgesetz.
Abmahnfalle 13: Fehlende Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
Ist Ihnen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (Umsatzsteuer-ID, USt.-Idnr.) zugeteilt worden? Dann vergessen Sie nicht, diese Nummer auch in Ihrem Impressum zu nennen! Die Umsatzsteuer-ID – sofern Sie eine haben – ist Pflichtbestandteil in Ihrem Impressum. Fehlt die Nummer in Ihrem Impressum, obwohl Sie eine haben, kann dies Anlass zur Abmahnung durch einen Wettbewerber geben.
Weitere Abmahngründe
Natürlich sind die hier genannten Gründe nicht die einzigen, die zu einer Abmahnung führen können. Auch produktspezifische Anforderungen (CE-Kennzeichnung für Kinderspielzeug oder die Kennzeichnungspflichten für Schmuck) sollten Sie kennen und berücksichtigen.
Erste Hilfe bei Abmahnungen
Kennen Sie schon unser Angebot „Erste Hilfe bei Abmahnungen“?
Mit unserem Erste-Hilfe-Service haben Sie auch im selbst verschuldeten Abmahnfall einen Anwalt an Ihrer Seite:
- Wenn Sie eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung in Bezug auf Ihren Shop erhalten, leiten Sie uns die Abmahnung per E-Mail, Fax oder Post weiter.
- Wir prüfen umgehend, ob die Abmahnung berechtigt ist.
- Wir erklären Ihnen detailliert Ihre Handlungsoptionen (z.B. Abgabe einer Unterlassungserklärung, Widerspruch oder Alternativen).
- Wir besprechen mit Ihnen ausführlich Chancen und Risiken der verschiedenen Vorgehensweisen.
- Wir weisen Sie auf ggf. notwendige Anpassungen in Ihrem Shop hin, um Wiederholungsfälle und Vertragsstrafen zu vermeiden.
Wegen der Einzelheiten beachten Sie bitte unsere AGB.
So buchen Sie unseren Erste-Hilfe-Service
Sie können den Erste-Hilfe-Service als Option entweder bei der Erstbestellung Ihres Rechtstexte-Pakets mitbuchen oder nachträglich hinzubuchen.
Für die nachträgliche Buchung loggen Sie sich bei onwalt.de in Ihr Kundenkonto ein und gehen Sie dann in den Bereich „Texte/Einstellungen“ des Pakets, für das Sie die Option buchen möchten. Auf der folgenden Seite finden Sie den Abschnitt „Zusatzoptionen“. Soweit für Ihr Paket verfügbar, können Sie dort die Erste-Hilfe-Option hinzufügen.